Auf dem Weg an die
Langdistanz-Berglaufweltmeisterschaften 2005
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Teil 7 Der Rennbericht Die Startschleife Das Gedränge nach dem Startschuss hält sich in Grenzen. Ich versuche einfach mit der Menge mitzulaufen. Ich werde ein bisschen eingeklemmt und verliere Positionen, ich bleibe jedoch ruhig. Ich nahm mir vor, die ersten Kilometer sehr langsam anzugehen. Schnell verliere ich ca. 120m auf die Spitze. Doch nach dem ersten km lichtet sich das Feld und ich kann meinen Rhythmus suchen. Der erste km war leicht ansteigend, nun wurde es flacher und ich begann Positionen gut zu machen. Jetzt läuft es optimal, der Laufschritt ist perfekt. Nun folgt ein erster kurzer Abstieg auf der Strasse zum Pont de Fanlou. Ich kann sofort meine Stärke (das Abwärtslaufen) ausspielen und ohne grossen Energieaufwand wieder die Spitzengruppe einholen! Jetzt beginnt der Aufstieg in Richtung erster Pass. Ich reihe mich an 8. Position ein und laufe an den Fersen des Franzosen Serge Moro. An seiner Seite passiere ich nun wieder das Dorfzentrum von Cauterets. Moro wird von den Zuschauern mächtig angefeuert, einzelne rufen auch meinen Namen, es ist das Personal meines Hotels, welche alle als Helfer am Lauf dabei sind. Freudig und überrascht ab des starken Startes feuern sie mich an. Aufstieg zum Pont d’Espagne Auf einer breiten Asphaltstrasse mit gleichmässiger Steigung geht es nun Richtung Thermalbäder La Raillère. Ich kann mich nun von Moro absetzen und jage die vor mir liegenden Athleten. Vorbei an den Souvenirläden von La Raillère stehen meine Eltern erstmals und bieten mir die Trinkflasche. Sie scheinen noch nervöser und angespannter zu sein als ich. Sie sind überrascht, denn sie wussten ich würde das Rennen langsam angehen, doch ich lag bei km ca. 6 bereits an sechster Stelle! Nun bog die Laufstrecke von der Strasse ab. Der Weg wurde schmaler und steiler, er ist stark mit groben Steinen übersät und macht das Laufen schwierig. Nun erreichen wir auch den Pyrenäen-Nationalpark. Vorne an der Spitze hatte sich längst Helmut Schiessl abgesetzt. Zwischenzeitlich arbeitet ich mich auf Platz 5 vor, verlor diesen aber bald. An den Fersen von Frederic Frizoul (FRA) holen wir den vor uns liegenden Wolfgang Zingl (AUT) ein. Kurz vor dem Pont d’Espagne muss ich diese beiden aber wieder ziehen lassen. Die Brücke ist eine interessante Sehenswürdigkeit und zieht viele Besucher an, auch ein Restaurant (mit einem Berliner Kellner, wir lernten ihn am Vortag da kennen) befindet sich hier. Dementsprechend ist hier eine tolle Stimmung, auch meine Eltern stehen hier zum zweiten Mal und bieten mir die Trinkflasche plus Sponsor-Gel. Der Zeitplan der Betreuung passt optimal. Es folgt eine kurze Schlaufe vorbei an der offiziellen Verpflegung im Refuge du Clot. Leicht bergab geht es zurück zum Pont d’Espagne auf der anderen Bachseite. Meine Eltern stehen wieder bereit, dürfen mir jedoch keine Flasche geben! Sie wurden von Offiziellen verwarnt, angeblich war es an der WM verboten von Dritten Hilfe anzunehmen, ansonsten würden sie mich aus dem Rennen nehmen. Wir lasen vor dem Start aufmerksam die Regeln durch. Es war lediglich aufmerksam gemacht worden, dass jeder für seine Verpflegung selbst verantwortlich. Dies kann man interpretieren wie man will. Viele Athleten, ausser die Cracks nahmen so einen Camelbak mit, dies war offensichtlich erlaubt. Etwas frustriert gebe ich Gas und hole die beiden vor mir liegenden wieder ein, greife an und passiere sensationell als vierter die Brücke. Jetzt läuft es top. Weiter geht’s nach Oulettes Meine Beine laufen ideal und ich habe ein grosses Selbstvertrauen. Der folgende Aufstieg zum Lac de Gaubeist ist sehr anspruchsvoll. Der Weg ist steinig und mit vielen grossen Absätzen bestückt, welche an der Substanz zehren. Ich finde einen guten Rhythmus und kann auch noch Samuel Bonaudo (FRA) ein- und überholen. Als dritter passiere ich so den Verpflegungsstation am See. Insgesamt sind sechs (nur!) Verpfelgungsposten auf der Strecke. Das Angebot ist kläglich: Wasser und Würfelzucker. „Wow dritter, das wäre ja ein Ding!“, geht es mir durch den Kopf. Was ich nicht wusste, ich lag sogar an zweiter Stelle da ich einen Läufer unbemerkt überholt hatte (ev. an einem Verpflegungsposten, oder Buschbesuch). Ich nehme nun wieder etwas Tempo weg und lasse den Franzosen aufschliessen. Ich brauche ja kein Tempo zu machen, schliesslich lag ich bereits in Medaillenrängen. Dahinter kamen weitere Läufer wieder etwas heran. Ein kleiner Zusammenschluss findet statt. Ich werde von einem Duo überholt, es sind Paul Sichermann (GER) und erneut Frederic Frizoul. Ich lasse die beiden ziehen und hoffe auf den zweiten Streckenteil. Am vierten Verpflegungsposten (km ca. 19) vorbei im Refuge des Oulettes muss man ein kurzes Stück dem Bachentlang zurück. Leider wird dies den ersten Athleten nur ungenügend angezeigt. Die beiden vor mir liegenden Läufer laufen desshalb direkt über den Bach und stürzen beide in den Bach. Ich laufe etwas weiter zurück, will jedoch den Rückstand in Grenzen halten und wage mich so auch durch den Bach. Auch ich stürze und schlage mir das Knie auf, ausserdem bin ich so bis oben durchnässt. Sofort mache ich mich auf die Verfolgung, die Nässe und das blutende Knie brechen meinen Rhythmus. Ich komme in ein kleines Tief. Die beiden Pässe Auch Wolgang Zingl überholt mich wieder. Jetzt wird es so richtig steil. Ich habe grosse Mühe. Durch die grosse Wärme ist die Strecke völlig ausgetrocknet und staubig. Der Weg wird rutschig, auch die vielen Steine rutschen weg und immer wieder muss ich zu Boden greifen. Von hinten rauscht nun auch noch der Slowene Toni Vencelj an mir vorbei. Etwas enttäuscht, denn ich hatte mir für den Aufstieg einiges vorgenommen, passierte ich als 6. den ersten Pass, den Col des Mulets (Mulet=Maulesel). Der Abstieg ist extrem rutschig durch den feinen Schotter und die steilen Hänge. Auf den nächsten rund 1.5 km geht es auf spanischem Boden zum zweiten Pass. Die Passage ist extrem schwierig zu laufen und ich bin völlig aus dem Rhythmus, die vor mir liegenden Läufer sind in weite Ferne davongezogen. Die Medaillle scheint ausser Reichweite. Als erster passiert Helmut Schiessl den Col d’Arbatille. Mit sieben Minuten Rückstand folgt das Verfolgerduo Paul Sichermann und Toni Vencelj (der sich weit nach vorne gearbeitet hatte). Dann folgt Frederic Frizoul und Wolfgang Zingl. Mit über elf Minuten Rückstand passiere ich knapp vor einem weiteren Franzosen als Sechster. Ich vermisse die Verpflegung und stürze erneut heftig. Ich brauche dringendst Wasser, so trinke ich so oft ich kann aus den Bergbächen. Der Abstieg Jetzt geht es etwas besser und ich kann mich von meinem Verfolger absetzen. Dann stürze ich schon wieder wuchtig flach zu Boden. Die Schmerzen werden immer grösser, der Lauf wird zur Qual. Ich verliere etwas das Selbstvertrauen und habe im sehr steinigen und felsigen Abstieg meine liebe Mühe. Doch die Gegner haben auch ihre Schwierigkeiten und verlieren Zeit. So mache ich innert kurzer Zeit wieder zwei Plätze gut (Zingl und Sichermann). Ich liege also wieder an vierter Stelle. Schlagartig verbessert sich mein Laufgefühl und die Hoffnung. Ich laufe wieder sehr motiviert und beginne trotz Schmerzen zu kämpfen. Die beiden Verfolger kann ich schnell zurücklassen. Es folgt wieder ein kurzer Aufstieg zum Refuge Wallon, der vorletzten Verpflegungsstation. Der Weg ist jedoch noch weit und hart. Die Sonne wird immer stärker und die grosse Wärme macht uns zu schaffen. Bei einem weiteren kleinen Sturz verliere ich nun auch noch einen Gel. Ich kämpfe aber weiter, die Medaillenhoffnung ist gross. Der Schlussspurt Entlang dem Bach Marcadau geht es auf steinigen Wegen und subalpinen Wäldern durch herrliche Landschaften leicht abwärts Richtung Pont d’Espagne. Die vielen Zuschauer feuern mich an und immer wieder ertönt der Ruf „Allez Suisse“ oder „le troisième n’est pas loin“. Diese motivieren sehr, ich kann also immer noch auf eine Medaille hoffen. Auch meine Eltern stehen wieder an der Strecke und feuern mich an. Die Zeitrückstände variieren immer sehr und kaum einer nimmt Bezug auf den wievielten Läufer er ist. Ich kann jedenfalls keinen vor mir erkennen, trotz Linse. Vorbei an der letzten Verpflegungsstation in Clot und am Pont d’Espagne, an welchem jetzt eine grosse Zuschauermenge eingetroffen ist und eine bomben Stimmung herrscht, geht es wieder auf einen kleinen Weg im Wald. Der Weg ist sehr kurvenreich und extrem steinig. Ich versuche vollgas zu geben doch das Gelände und die Wanderer auf der Strecke bremsen mich. Ich bin etwas angespannt, denn ich versuche alles zu geben und gebe die Hoffnung bzw. Medaillentraum nicht auf. Und dann passierte es: eine kleine Unaufmerksamkeit und ich stürzte mit voller Wucht flach auf den Boden. Die Schmerzen waren nun sehr stark alles, Muskeln, Gelenke und Knochen taten weh. Ich wusste einen Moment nicht einmal ob ich noch aufstehen konnte. Ich rappelte mich jedoch hoch und versuchte wieder zu laufen. Es ging kaum und ich musste beinahe den Wettkampf aufgeben. Doch ich sammelte alle meine mentalen Energien und machte mir Mut. „Du musst weiter laufen es sind nur noch ca. 5km bis zum Ziel und ein vierter Rang an einer WM wäre genial“. So versucht ich alle Schmerzen zu ignorieren und weiter zu laufen. Mein Ziel war klar: ich wollte auf jeden Fall einen Top-Ten Platz ins Ziel retten. Von Meter zu Meter fand ich nun wieder etwas besser zu meinem Laufschritt und versuchte zügig zu laufen. Plötzlich sah ich aber den Drittplatzierten vor mir. Jetzt wusste ich: jetzt gabs nur eines; alles auf eine Karte setzen. Die Chance auf eine WM-Medaille bekommst du vielleicht nur dieses eine Mal. Ich nahm wieder mehr Risiko und flog wie zu besten Zeiten um die Kurven, Wurzeln und Steine. In La Raillère erreichten wir 3 km vor dem Ziel wieder die Asphaltstrasse. Ich hatte nun Frederic Frizoul, den besten Franzosen eingeholt. Einen Moment blieb ich an seinen Fersen und gönnte mir ein paar Verschnaufsekunden. Am Ende der Souvenirshops griff ich nun an. Doch just in diesem Moment plagten mich Krämpfe in den Waden auf beiden Seiten. Ich biss nun noch mehr auf die Zähne und versuchte auch diese zu ignorieren. Entweder geht dies gut und ich schaffs ins Ziel oder ich muss stehen bleiben und kann ev. nicht mehr laufen weil die Muskeln ganz blockiert sind. Die Chance auf die Medaille wollte ich mir jedoch nicht entgehen lassen. Risiko muss sein. So setzte ich zum Schlussspurt an. Frizoul war von meinem Angriff überrascht und konnte nicht kontern. Und ehe er sich gefangen hatte, hatte ich eine grosse Distanz dazwischen gebracht, dies nahm ihm die Hoffnung mich wieder einzuholen. Ich lief nun, getrieben vom Traum der Bronzemedaille, ein superschnelles Tempo. Frizoul hatte keine Chance mehr. In einer kurzen Gegensteigung nahm ich etwas Tempo raus und liess es dann runter wieder richtig laufen. Und dann sah ich Cauterets vor mir, ein Blick zurück, ich wusste der Traum wird war. Auf den letzten Metern liess ich allen meinen Emotionen freien Lauf, ich war noch nie so happy. Mit Jubelschreien und hochgehaltenen Ärmen liess ich mich vom Publikum ins Ziel tragen. Im Ziel wurde ich von der OK-Präsidentin in die Arme genommen. Die Überraschung war auch ihr ins Gesicht geschrieben. Im Ziel Im Ziel konnte ich nun keinen Schritt mehr laufen. Der Körper war ko. Dann erreichte auch Frizoul das Ziel, seine Enttäuschung war natürlich gross, gratulierte jedoch sportlich fair zum dritten Platz. Danach wurde ich von Sanitätern gestützt zum Samariterposten getragen. Ich hatte Schürfungen am ganzen Körper: beide Schultern, rechter Arm, beide Hände, Obschenkel, Knie, Beine, Knöchel. Insbesondere die Prellungen an den Knien, Hand und rechter Fuss schmerzten nun sehr. Geduldig liess ich die Samariter werken. Nach der ersten Kniereinigung fragten sie mich wo ich alles Schmerzen habe, ich antwortete darauf „hier, hier…… soll ich ihnen eine Liste machen?“. Auch sonst versuchte ich mich mit Humor bei Laune zu halten und die Schmerzen lachend zu unterdrücken. Später gesellte sich auch noch die australische Siegerin auf das Nachbarbett. Sie musste am Knie sogar mit drei Stichen genäht werden. Ich glaube in den ersten Zehn kam keiner ohne Sturz durch. Nach einer Stunde Behandlung und Erholung konnte ich den Samariterposten wieder verlassen. Jetzt wurde ich von meinen Eltern empfangen, nach dem ich so von oben bis unten mit Pflastern und Verbänden eingewickelt entgegen kam, ahnten sie schlechtes, umso mehr freuten sie sich dann, als sie vom Medaillengewinn erfuhren. Am Nachmittag durfte ich dann an der Sigerehrung vom WMRA-Präsidenten die Bronzemedaille entgegennehmen und dann ertönte die deutsche Nationalhymmne. Die Freudentränen standen mir nun sehr nahe. Ich durfte an diesem Nachmittag sehr viele emotionale Momente erleben. Dieser Tag wird mir für immer in Erinnnerung bleiben. All die vielen finanziellen und zeitlichen Aufwendungen der letzten Jahre haben sich nun ausbezahlt. Der Lohn ist unbezahlbar. Ich möchte an dieser Stelle allen die mir in der Vorbereitung geholfen haben und an diesem grossen Tag die Daumen gedrückt haben ganz herzlich danken. An erster Stelle natürlich meinen Eltern, die mich an die WM begleitet haben und mir zu Hause optimale Trainingsbedingungen geschaffen haben. Dann meinem Arbeitgeber Schulthess+Dolder AG, welcher mir es erlaubte meine Arbeitszeit so flexibel wie möglich zu gestalten und zwei Trainingseinheiten ermöglichten. Einen grossen Anteil haben auch Beat, Danielle und Jo Schlegel aus Klosters, welche mir im Bündnerland eine optimale Trainingsbasis geboten haben, und mich immer mit viel Liebe beherbergen. Dann meinen Masseuren: Hans-Peter Köppel, der beste Masseur weit und breit, sowie meine Schwester Nicole. Meinem Trainingsberater und Trainingspartner vom LC Meilen Peter Peter ebenfalls ein Dankeschön. Und natürlich Walti Jucker und allen Läufern aus Giverola/Auer und vom LC Meilen, sowie allen die mich sonst wie unterstützt und motiviert haben. Merci. 24. Juli 2005, 12:05 Uhr, ich bin am Ziel meiner Träume! Daniel Bolt
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Die Pyrenäen und Pressekonferenz Nach einer langen Autofahrt mit Zwischenhalt in Toulouse, erreichten wir am Donnerstag Nachmittag die Pyrenäen. Cauterets liegt bereits mitten drin in den Hautes-Pyrenees (so heisst die Region) auf einer Höhe von 900 m.ü.M. am Rande des Pyrenäen-Nationalparkes. Am gleichen Abend absolvierte ich dann noch einen 30 min Dauerlauf auf den ersten Kilometern der Wettkampfstrecke. Am Freitag besichtigte ich dann mit meinen Eltern auf einer Wanderung die entscheidenden letzten Kilometer ca. 29 bis 36 inklusive allen potentiellen Abkürzungen (falls nicht markiert). Am Nachmittag wurde ich dann auf Grund der Bekanntschaft zur OK-Präsidentin (zufällig zugleich meine Hotelgastgeberin) an die Pressekonferenz eingeladen als Vertreter der ausländischen Teilnehmer. Von den Anwesenden OK-Mitgliederen, WMRA Vertretern und Favoriten bei den Frauen (Chantal Dällenbach + Isabelle Guillot) wurde ich jedoch nicht im geringsten als Medaillenkandiat angeschaut, vielmehr waren alle überzeugt, dass die Franzosen plus Helmut Schiessl als Favoriten galten. Abends wieder ein 30 min Dauerlauf am Berg abseits der Wettkampfstrecke. Mentale Vorbereitung Immer wieder beschäftige ich mich mental mit den möglichen Wettkampfszenarios, um mich möglichst auf alle Situationen einzustellen. Auch die Chance eines möglichen Medaillengewinnes auf den letzten 5 Kilometern spiele ich im Kopf durch und sage mir, dass ich dann alles auf eine Karte setzen „würde“ und ich „es“ schaffen kann. Aber nach diesen „mentalen Traumvorstellungen“ setze ich meine Ziele sofort wieder auf den realistischen 20. Rang zurück. Aber auch ein bisschen Träumen ist erlaubt und man weiss ja nie, ein Marathon ist lang!! Am Samstag gab's noch nochmals eine lockere Wandertour auf der Strecke, ca. km 10 bis 16 (erster anspruchsvoller Anstieg). Abends 25 min Dauerlauf mit einigen Laufschulübungen und leichter Gymnastik. Essen und Trinken, bis zum Unmöglichen In den Tagen vor der WM verzichtete ich grundsätzlich auf Süsses und anderes Fetthaltiges und ass auch nur wenig Kohlenhydrate. So erreichte ich bereits vor meiner Abreise das gewünschte Wettkampf-Supergewicht von 55.8 kg. In den letzten zwei Tagen wurden nun die Speicher gefüllt. Den ganzen Tag lief ich jeweils mit einer vollen Getränkeflasche in der Gegend herum. Trinken, trinken und nochmals trinken. Ziel war es getätigt zu sein, dass das Urin die Farbe von reinem Wasser hat, dies ist das beste Zeichen genügend getrunken zu haben. Dies erreichte ich auch bis Samstag Abend, jedoch hatte das auch so seine Nachteile! Ich müsste nämlich praktisch alle 10 bis 15 min eine Toilette aufsuchen oder irgendwo einen geeigneten Busch finden. Was nicht immer so einfach war! Freitag abends gab's dann leider bei der dreigängigen Mahlzeit fast keine Kohlenhydrate. Die Folge beim abendlichen Dorfspaziergang gab es statt einem feinen Kaffee eine grosse Portion Pasta alla Carbonara. In der Hoffnung es nützt auch was verdrückte ich diese Portion in den schon vollen Magen! Es war schon fast eine Qual. Aber ich wusste wie entscheidend diese Portion sein könnte! Am Samstag zum Mittagessen, was gibt es besseres, wieder Spaghetti Carbonara. Diesmal jedoch leicht anders zubereitet und in einem anderen Lokal. Ich kenne bald alle Arten von Carbonara-Saucen! Abends gab's dann, ich freute mich schon den ganzen Tag, Spaghetti. Doch diesmal zur Abwechslung nur Nature mit Käse, wunderbar! Auch diesmal rollte ich nach Beendigung der Abendmahlzeit kugelrund aus dem Esssaal. Mein Körper war bis zu den Ohren voll gestopft mit Spaghettis, ein Wunder dass noch keine zum Mund oder Nasenlöchern raushingen! Die letzten Stunden Am Samstag ging's dann zeitig um 8:45 Uhr ins Bett. Nach einer relativ ruhigen Nacht, ich schlief eigentlich erstaunlich gut und musste nur noch einmal auf die Toilette (!), ertönte mein Wecker um Punkt 3:30 Uhr. |
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3:30 |
Tagwache, ich blieb jedoch noch im Bett und richtete mich bloss etwas auf und nahm meinen CD-Player hervor. Während den nächsten 2 Stunden höre ich ein bisschen Musik und gehe den bevorstehenden Wettkampf in aller Ruhe durch. Erst nach 2 Stunden und nach dem Frühstück beschäftige ich mich noch mit den letzten Kilometern und dem wichtigen Zieleinlauf. |
5:00 |
Brunchtime! Zwei mit Konfitüre und Butter beschmierte Brötchen sollen den Hunger stillen (Für den Marathon brauche ich nichts mehr!), Frühstück musste ich mit einigen Beihilfen am Tage zuvor selbst organisieren. Zu trinken gibt's Tee, das lauwarme Wasser kommt aus dem Hahnen! |
5:30 |
In aller Ruhe montiere ich meine beiden Kontaktlinsen. Auch wenn’s nicht beim ersten Mal klappt. Ich habe Zeit. |
5:45 |
Die zweite mentale Einheit steht auf dem Zeitplan. |
3:30 |
Besuch der Toilette. Der Zeitplan der Verdauung hat gepasst und ich kann alle unnötigen Kilos abwerfen. Jetzt fühle ich mich erleichtert und schwebe schon fast dem Lauf entgegen! |
6:40 |
Ich verlasse das Bett endgültig, ziehe mir einen Trainer an und mache mich frisch. |
7:00 |
Der Countdown läuft und ich werde spürbar nervöser. Ich begebe mich nun nach draussen und geniesse die frische Morgenluft. Das Wetter passt, blauer Himmel und sehr angenehme Morgentemperaturen. Ein leichter Spaziergang dient als Warm-Up und Aktivierung der Körpermuskeln und Funktionen. Ein leichtes Footing von ca. 5min bringt die Muskeln in Schwung. Damit die Muskeln auch schön geschmeidig werden baue ich einige Morgen-Gymnastik-Übungen, wie sie auch im Trainingslager in Davos auf dem Programm standen, ein. |
7:20 |
Ich bin voll motiviert und sehr konzentriert, auch die ersten Wanderer bemerke ich kaum. Ich bin nun voll und ganz in meine WM-Welt abgetaucht. Es stimmt alles und ich bin hoch motiviert. Im lockeren Trabtempo geht es zum Hotel zurück. Ich versuche möglichst wenig Energien zu verbrauchen, denn diese benötige ich alle für den Marathon, bis zum letzten kJ. |
7:35 |
Ich montiere mir ein Nasenpflaster. Es soll mir helfen möglichst lange eine optimale Atmung zu haben. Danach der grosse Moment: Voller Stolz ziehe ich mir das rote Dress der Schweizer Nationalmannschaft über. Ich fühle mich top und freue mich auf den Start. Auch das Stirnband, welches verhindern soll, dass die Schweisstropfen in die Augen gelangen, und die Startnummer werden montiert. Am Schluss dann noch die Schuhe, ich habe sie mir extra für die WM aufgehoben und nur einmal im Training eingelaufen. Ich laufe mit dem gelben Wettkampf-Schuhe meines Sponsors Reebok. Es ist ein ultraleichter Wettkampfschuhe und mein absoluter Lieblingsschuh (trage bereits das zweite Paar). |
7:40 |
Erst jetzt begebe ich mich erstmals ins Dorf und in den Wettkampfrummel. Bis dahin war ich völlig für mich, und hatte meine Ruhe gesucht. Auch meine Eltern wussten dies, hielten sich zurück und grüssten mich nun kurz vor dem Start. Dies waren die einzigen Worte an diesem Morgen. |
7:50 |
Völlig konzentriert, laufe ich mich nun noch etwas warm im Startbereich. Sehr viele Zuschauer und Läufer, insbesondere alle Favoriten blicken zu mir, beobachten mich. Ich bin nun, in den Farben der Schweiz, endgültig ab sofort ein Favorit. Ich bemerke voller Stolz, wie mich jeder mit grossem Respekt anschaut. Selbst der grosse Favorit Helmut Schiessl lässt mich nicht ungeachtet warmlaufen. Ich beachte die anderen Favoriten jedoch nicht und konzentriere mich auf den Lauf. Ich spüre es, ich kann ein die Überraschung schaffen, ich muss nur mein eigenes Rennen laufen! |
7:55 |
Ich habe mich in der zweiten, dritten Reihe eingeordnet. Direkt an den Fersen des französischen Mitfavoriten und Publikumsliebling Serge Moro und ganz nah bei Helmut Schiessl. Die Spannung steigt, das Publikum verstummt, die letzten Sekunden werden runter gezählt (auf Französisch). |
8:00 |
Päng! Der Startschuss ist erfolgt. On y va!! |
Fortsetzung folgt bald
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Der Traum wird war Der Countdown läuft und nun wird mein Bubentraum war. Nach dem das Berglaufkader einem Einsatz für die Schweiz zustimmte, bekam ich nun kurz vor der WM doch noch das OK auch vom SLV. Was heisst das: Ich darf nun doch offiziell für die Schweiz starten und erhielt vom nationalen Leichtathletikverband das Nationaldress. Mein Bubentraum wird am Sonntag somit war. Ich werde an der Langdistanz-Berglauf-WM im Schweizer Nationaldress am Start stehen und für die Schweiz um eine Medaille kämpfen. Mein erklärtes Ziel ist ein Platz in den ersten 20. Dann wäre ich sehr zufrieden, ich muss aber einfach mein Rennen laufen und dann kann nichts schief gehen! Ruhige Woche hinter mir Letzte Woche gab es nach den drei Ruhetagen am Montag, Dienstag und Mittwoch am Freitag gleich nochmals einen Ruhetag. Dazu kamen drei lockere Trainings an 30 Minuten. Zusätzlich waren am Weekend ausgiebige Wandertouren im Unterengadin und im Münstertal angesagt mit einem deutschen Professor, welcher Schmetterlinge erforscht. Bereits am Freitag war ich nur kurz im Büro und nutzte dann das tolle Wetter auf einer Entomolgischen Exkursion auf den Haldensteiner Calanda mit einem Schmetterlings-Kollegen aus Chur. Entscheidender Testlauf im Atzmännig Nach der Erholungswoche war dann am Montag der traditionelle Testlauf im Atzmännig angesagt: ca. 12km und +/- 700 Meter Höhendifferenz. Auf dieser Strecke habe ich schon etliche Testläufe absolviert in jedem Jahr, meist eine Woche vor den Grossanlässen. Die Bestzeit, in einem absoluten Traumlauf, liegt bei 55:42 min. Diese Zeit wollte ich nun knacken, denn dann stimmt der Fahrplan auf jeden Fall. Leider stellte sich so ziemlich alles mir quer in den Weg. Zuerst wurde ich beinahe von einem Hund gebissen, ihn in die Schranken zu weisen kostete mir einige Nerven und Sekunden. Bis dahin war mein Lauf voll genial und ich hatte einen super Rhythmus gefunden. Nach dem Hund kam der Regen und ausgerechnet jetzt folgte ein langer 30% Anstieg in einem Wiesenbord. Der glitschige Untergrund war nicht ganz ohne. Nach der Wiese dann der Matsch und immer noch hohes Gefälle, Ausrutscher waren so nicht zu vermeiden. Der Weg wurde nun flacher, dafür erwischte ich nun eine erste Hagelfront. Über Gebirgsbäche und Pfützen, die Schuhe waren längst mit Wasser gesättigt, erreichte ich den ersten Gipfel. Die Sicht wurde immer schlimmer. Entlang eines weiteren Gebrigsbaches erreichte ich den höchsten Punkt der Strecke. Danach verläuft die Strecke alles entlang eines Kammes. Der prasselnde Regen, der von der Seite kam, führte dazu, dass ich noch auf der wetterzugeneigten Seite meine Kontaktlinse verlor. So lief ich halb blindlings weiter durch den Sturm, Blitze und Donner begleiteten mich. Eine furchterregende Stimmung herrschte. Dann, ich lief in Richtung dritter Gipfel, auf dem Kamm, schlug ein Blitz nur 10 Meter vor mir in den Boden. Vor Schreck fiel ich beinahe zu Boden, das Herz stand für einen Moment still, es hätte auch mich treffen können, da ich die höchste Erhebung war. Schnell lief ich weiter und hoffte nur, dass nicht noch ein Blitz einschlagen würde. Und erneut kam eine Hagelschauer. Die Nadelstiche der Körner schmerzten insbesondere im Gesicht. Im Abstieg versuchte ich so gut wie möglich es laufen zu lassen, einige Male wäre ich aber beinahe ausgerutscht und gestürzt. Schliesslich erreichte ich das Ziel und der Horrortrip war überstanden. Nun die Zeit: ich war nicht sehr zuversichtlich, die Beine wären jedoch ok gewesen. Der Blick auf die Uhr: 52:22 Minuten!!! Sensationell, ich hatte trotz den widrigen Umständen meine Bestzeit um 3:20 verbessert. Ich glaube jetzt kann mich definitiv nichts mehr aufhalten!! Jetzt geht’s nach Cauterets! Am Dienstag gab's dann noch eine letzte intensive Massage durch Hanspeter Köppel. Nach zwei weiteren lockeren Einheiten am Dienstag (55 min) und am Mittwoch (30min) geht es diese Nacht los. In den frühen Morgenstunden des Donnerstag fahre ich zusammen mit meinen Eltern, welche mich begleiten und betreuen, nach Frankreich. Wir werden uns bei der Autofahrt abwechseln und bis Cauterets mehr oder weniger durchfahren. Dann habe ich vom Donnerstag bis Sonntagmorgen Zeit, um die Strecke etwas zu besichtigen und mich mit den Pyrenäen anzufreunden. Trainiert wird nur noch wenig in lockeren Einheiten von ca. 30 Minuten. Ein ausführlicher Bericht des Wettkampftages werde ich dann nach der einwöchigen Erholungswoche in den Pyrenäen schreiben. Ich werde jedoch Walti nach dem Lauf sicherlich ein SMS mit dem Resultat senden. Ich danke Allen, die mich auf dem Weg an die WM unterstützt haben und mir am Sonntag die Daumen drücken. Merci. Jetzt geht’s los! 20. Juli 2005, nur noch 4 Tage bis zur WM
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Die Königsstrecke / Erster Einsatz von Kontaktlinsen Am Samstag den 9. Juli um 10:30 Uhr fiel der Startschuss für meine Königstour bzw. „Die“ Standortbestimmungsstrecke. Das Wetter war einigermassen ok und es hatte nur noch leichte Bewölkung, auf den Nachmittag war wieder Regen angesagt. Doch das Risiko ging ich ein. Start war in Klosters GR bei der Jugendherberge. Die erste Etappe erfolgt auf dem Bike. Nach einer kurzen Abfahrt, welche am Ende des Trainings zum brutalen Schlussaufstieg wird, ging's los in rasanter zum tiefsten Punkt auf 1200müM und von da in einem leichten Aufstieg nach Monbiel. Von da wird es flach bis Novai, dann folgt der grosse Aufstieg nach Vereina 1940müM. Ich hatte einen ausgezeichneten Rhythmus gefunden und war schnell. Nach 58 Minuten und 20 Sekunden erreichte ich das Zwischenziel, damit lag ich bereits 3:02 unter dem Rekord-Versuch. Beim Vereinaberghaus zog ich mich so rasch wie möglich um und deponierte Kleider plus Velo und los ging's auf die Laufstrecke. In einem leichten Aufstieg ging's hoch ins Süsertal, entlang des wunderschönen Bergbaches bis zu hinterst ins Tal. Dort wartet der erste steile Anstieg, hier würden wohl die meisten Läufer zum Gehschritt wechseln müssen. Nach passieren dieses Geröllhanges erreicht man ein etwas flacheres Gelände. Vorbei an grünen Gebirgsmatten und sandigen Moränen erreicht man mit dem Vereinapass den ersten Pass auf rund 2600müM. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass ich sehr schnell unterwegs war und auch die Beine fühlten sich sehr gut an. Nun musste ich ein Stück auf der Strecke retour laufen bevor es in einem sehr kurzen Aufstieg zum Flesspass hinauf ging (2550 müM). Hier feuerten mich bereits erste begeisterte Wanderer an. Jetzt erfolgte einer meiner Lieblingswege hinunter über viele Steine, Geröll- und Schneefelder ins Val Torta in Richtung Engadin. Im Hinblick für die WM war ich bei meinem Optiker und liess Tageslinsen anfertigen. Nach einem ersten Einsatz im Alltag erfolgte nun der erste Linsentest beim harten Training. Wer gedacht hatte ich würde nun hinunter etwas mehr bremsen weil ich die Gefahren besser sah, sah sich getäuscht. Ich war nun überhaupt nicht mehr zu bremsen und bereit noch mehr Risiko einzugehen. Einzig ein paar Kühe mitten auf dem Weg schafften es doch, mich etwas auf dem Weg zur Alp hinunter auf 2100 müM auszubremsen. Der erhöhte Genuss des Alpenpanoramas durch die optimale Sicht infolge der Linsen schien mir noch mehr Kraft und Ausdauer zu verleihen. Normalerweise hatte ich beim dritten Pass zu leiden. Doch heute flog ich auch hier der Strecke entlang. Auf 2560müM passierte ich dann den Jöriflesspass. Auf einem stark coupierten Bergweg lief ich entlang den wunderschönen Jöriseen. Von dort beginnt der Aufstieg zum letzen Pass, die Jöriflüelafurgga, zugleich dem Dach der Tour mit 2725 müM. Hier spürte ich nun doch meine Beinmuskulatur, aber ich lief weiter ohne Einbruch und auch die schwierigen Passagen, bei welchen sich die Wanderer des Hilfsseils bedienen, ohne in den Gehschritt wechseln zu müssen. Das Wetter war mittlerweile schlechter und erste feiner Nieselregen machte sich bemerkbar. Nach kurzem Genuss der Aussicht begann meine Lieblingsdisziplin: das Downhill-Laufen. In ultraschnellem Tempo gings über Steine, Geröll und Bäche. Dabei konnte ich meine technischen Lauffertigkeiten voll zum Zuge bringen. Sprünge wie bei den Skifahrern, Bob-Runs und Andriften der Kurven wie Biker machen das Downhill-Laufen für mich zum Fun-Erlebnis. (Schade gibt es keine Läufe für diese Disziplin, dann könnte ich vielleicht mal Weltmeister werden). Nach einer sensationellen Laufzeit von 2:52:03 Stunden erreichte ich das Vereinaberghaus. Damit war ich, ich kann es heute noch nicht begreifen, um 44 Minuten und 42 Sekunden schneller als bei meinem bisherigen Rekordlauf!!!!!!!!!!!!!!!! Nach kurzem Wechsel hoppste ich wieder aufs Bike. Downhill und Tempofahrt waren angesagt. Nach kontrollierter Abfahrt gab ich im Schlussteil nochmals alles und überholte alles was in den Weg kam: Biker und Fahrzeuge. Im Schlussaufstieg spürt ich dann endgültig die grossen Strapazen. Auch auf der Bikefahrt war ich nochmals 59 s schneller als früher. Damit ergab sich eine Schlusszeit von Netto 4:18:43 Stunden. Der Test war somit mehr als erfolgreich geschafft. Für die WM ich also alles top. Ich bin bereit!!!! Abschlusstraining Abends dann grosses Rätselraten: Wieso war ich heute so schnell und unterbot meine Bestzeit um sage und schreibe 48 Minuten und 43 Sekunden. Soviel ich weiss (man weiss ja nie so beim Zähneputzen oder so …….. grins) habe ich kein EPO zu mir genommen. Eine Abkürzung gibt es schlicht und einfach nicht. Ein Teil des Vorsprungs kommt sicher vom erfolgreichen Einsatz der Tageslinsen. Also muss ich das Training einfach zu Kenntnis nehmen und ich auf die WM freuen !!! Am Sonntag gab es dann noch einen etwas gemütlicheren Berg-Long-Jogg über Madrisa, Schaffürggli (2350müM), Schlappiner Joch (2200müM, mit einer kurzen Runde in Österreich) nach Schlappin und im Tal zurück nach Klosters. Die Beine waren erneut top, hatte am Samstagabend auch Tortellini gegessen bis ich kugelrund war…., ich lief einen tollen Rhythmus. Laufzeit total 2:49:59 Stunden. Das war ein schönes Abschlussläufchen!! Vom Schlappiner Joch bis Klosters (Juhuiii: Downhill-Laufen) hatte ich ein neues Hobby: Biker frustrieren. Dies hiess ich überholte gleich mehrere Biker im Downhill und liess sie jeweils stehen. Die Fragezeichen waren Ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben. Von den rund 15 überholten Bikern sah ich bis Klosters keinen mehr. Abends hätte ich diese gerne wiedergesehen. Da gab es bestimmt einige kleine Frust-Bierchen. Drei Ruhetage Montag, Dienstag und Mittwoch folgen jetzt gleich drei Ruhetage. Denn das Ziel für diese Woche heisst ganz klar Erholung total! Donnerstag und Freitag gibt’s zwei kleine 30min Dauerläufe und am Weekend insgesamt 23 km, und wo anders, als in Klosters. Auch dieses Weekend werde ich wieder in der Höhe verbringen. Vize-Weltmeister am Start Mittlerweile haben sich auch einige Cracks im Startfeld einschreiben lassen. Für mich der klare Favorit auf den Weltmeistertitel ist der Deutsche Helmut Schiessl. Schiessl war bereits letztes Jahr an der Langdistanz-WM Vizeweltmeister geworden und Berglauf-WM 4. Am vergangenen Weekend wurde zudem in Heiligenblut Berglauf-Vize-Europameister. Bester Schweizer wurde dort Alexis Gex-Fabry als guter 11. und Toni Jöhl aus Amden als zweitbester Schweizer 16. Neben Schiessl sind auch noch einige Cracks aus Frankreich am Start, allen voran mit Startnummer eins Serge Moro. Aus Österreich sind mit Martin Ploner (Bern) und Wolgang Zingl ebenfalls zwei sehr starke Athleten gemeldet. Weitere Top-Läufer sind in den Niederungen der Startliste sicherlich noch versteckt und einige Profis werden wohl noch im letzten Moment gemeldet. Ich werde der einzige Vertreter aus der Schweiz sein. Dies bedeutet ich muss nur ins Ziel kommen und bin bestklassierter Schweizer an der WM!! Diesen Titel habe ich auf sicher! Nicht schlecht oder?! 12. Juli 2005, noch 12 Tage bis zur WM
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Halbprofi Um mich vor der WM noch besser mental vorbereiten zu können und die Regeneration zwischen den Trainingseinheiten zu verbessern, begann ich vor dem Traingslager in Davos meine Arbeitszeit zu reduzieren (Überstunden kompensieren). Seit dem Trainingslager arbeite ich nun normalerweise eine Stunde weniger pro Tag. Manchmal geht die Arbeit jedoch immer noch vor! Dies bedeutet nicht, dass ich nun noch mehr trainiere, denn zwei Trainingseinheiten pro Tag genügen, sondern mehr Zeit habe mich zu erholen und auf die WM mental einzustellen. Nach dem ersten Training (11:30 Uhr) und Mittagessen geht es nicht direkt zur Arbeit, sondern dann entspanne ich mich eine halbe Stunde bei guter Musik oder mache ein mentales Training mit der CD von Arnd Stein (Tiefensuggestion - Mentales Training für Sportler). Abends nach Training, Essen, Haushaltsarbeit und aktiver Regeneration (Massage, Sauna, Wellness oder TV(zwangsweises rumsitzen….)) nehme ich mir noch ein bisschen Freizeit, damit ich vom Alltags- und Arbeitsstress abschalten kann bzw. abgelenkt bin. Nach dem Sportlerschlaf von 8 Stunden (jeden Tag) gehe ich dann eine halbe Stunde später als üblich wieder zur Arbeit. Montag gleich Ruhetag Nach dem Trainingsweekend von Klosters gabs am Montag wie meistens einen Ruhetag. Dies bedeutet nur eine Trainingseinheit am Morgen und abends Sportler-Sauna mit diversen aktiven und ehemaligen Spitzensportlern (z.B. Thomas Frischknecht). Am Dienstag war ich so wieder frisch für die nächten harten Trainings. In der zweiten Einheit am Abend war wieder ein Intervall-Training auf der Bahn in Meilen angesagt. 10 x 800 Meter mit Pausen von 200 Meter lockeres Dauerlauftempo stand auf dem Programm. Den ersten absolvierte ich in 2:22min, dies entspricht einem Kilometerschnitt von 2:57 min/km. In der zweiten Hälfte wurde ich dann etwas müder und die Zeiten fielen auf 2:27min zurück (3:05 min/km). 3. Test: Schiessen Am Mittwoch oder Donnerstag war eigentlich noch ein Test im Gelände angesagt. Doch auf Grund des sehr schlechten Wetters war ein Testlauf im anspruchsvollen Gelände wenig sinnvoll und musste gestrichen werden. So gab es am Mittwoch nur einen zügigen Dauerlauf hinauf in den Farner. Die Trainingszeit mit Pulsdurchschnitt 145 war jedoch sehr gut. Die ca. 12km lange Strecke mit 480m Höhendifferenz bewältigte ich in guten 53:39 min. Einen weiteren Test gabs dennoch: Ich musste noch das Obligatorische Schiessprogramm 2005 absolvieren. Auch diesen Test erfüllte ich, nicht sehr glorreich aber dennoch fast ohne Probleme (zwischenzeitlich erwischte ich noch die Scheibe des Nachbars, dabei wollte ich doch nur helfen…grins). Am Donnerstag gab es im Abendtraining nur einen 40 min Dauerlauf, dafür noch mit 8 Bergsprints. Weekend: Test auf Königsstrecke Am Freitag geht es dann wieder nach Klosters für zwei Tage. Dort werde ich, sofern das Wetter einigermassen mitspielt, noch meine Königsteststrecke abslovieren. Das Training besteht aus drei Disziplinen, also Triathlon!? Der erste Teil ist eine Mountainbike-Strecke hinauf auf 2000müM, dann folgt ein Berglauf über 4 Fusspässe (alle über 2500müM) und zum Schluss eine rasante Downhill-Abfahrt mit dem Bike. Die Netto-Streckenbestzeit (ohne Wechselzeiten) beträgt 5:06:30 Stunden. Mal schauen was diesmal drin liegt. Der Bericht folgt nächste Woche. 07. Juli 2005, noch 17 Tage bis zur WM Daniel Bolt
Teilnahmeberechtigung an der WM (Teil 2) Wie kommt man überhaupt zu einem Startplatz für diese Berglauf-Marathon-WM? Nicht ganz einfach, aber lösbar. Die einfachste Methode, sich einen Startplatz zu sichern ist derjenige, dass man sich im nationalen Berglaufkader befindet und vom Verband selektioniert wird. Ich gehöre jedoch nicht dem Natikader an, ist auch nicht wichtig, denn die Verantwortlichen beschlossen für diese WM sowieso keine Mannschaft zu stellen. Wahrscheinlich fehlt wieder mal das Geld! Der zweite Weg ist viel einfacher. Ausser den Weltbesten (ohne die Schweiz J, obwohl diese saugut sind!!) dürfen noch 500 Amateure und Hobby-Läufer starten und können ebenfalls um den Weltmeistertitel kämpfen. So wie ich. Arztbesuch, trotz bester Gesundheit Um als Amateur teilzunehmen, braucht man jedoch für die Anmeldung noch ein „Certificat médical“. Dies bedeutete, ich musste noch ein Ärztezeugnis organisieren, welches versicherte, dass ich in der Lage bin einen solchen Marathon zu laufen. Ich musste also einen Arzt besuchen und ihn von dessen bezeugen. Nur diese interessiert es nicht, dass dies bei meiner Leistungsstärke eigentlich eine lächerliche Frage ist, und beharren auf den Standarttests. So quälte ich mich in eine ärztliche Sprechstunde. Erstmals nach fünf Jahren Arztabstinenz musste ich zum Doktor. Normalerweise gehen die Leute zum Arzt weil ihnen was fehlt, ich muss zum Arzt weil ich gesund bin!! So stand der Teilnahme schliesslich doch nichts mehr im Wege. 1. Test: Sauna
Der erste Test einer
zweiwöchigen Trainingsperiode mit vielen Tests erfolgte am Montagabend in
der Sauna, wie jeden Montagabend. Rund 15min einfach nur ruhig auf der Bank
sitzen!! Für mich ist dieses Rumsitzen härter als alle Intervall-Trainings
und du schwitzt trotzdem!!! Auf die Einstellung kommt’s drauf an! Am Mittwoch folgte dann noch ein Berg-Sturmlauf! Bis zum höchsten Punkt der Strecke (total ca. 12km) lief ich ein zügiges, aber angenehmes Tempo, die lockeren Trainings absolviere ich zur Zeit morgens im nur leicht coupierten Gelände, bevor der Sturmlauf begann. Sturmlauf desshalb, weil ich nun frontal in den herantobenden Gewittersturm reinlief. Zuerst starke Winde und dann einfach nur heftiger Gewitterregen. Aber hast du die Front mal bezwungen kannst du den Regen so richtig geniessen und das Training kann auch dann Spass machen, das wichtigste ist der Kopf!!! Schlechtes Wetter gibt es nur wenn du mental nicht bereit bist. Harte Arbeit für den Masseur Nach einem kurzen Abend-Training inkl. 8min Tempolauf gings zu meinem Super-Masseur (wobei natürlich Josy auch ganz toll ist!) nach Meilen, zu Hans-Peter Köppel. Nach dem Aktivieren auf der Bemer-Matte, hatte Hans-Peter diesmal hauptsächlich an meinen Gesässmuskeln zu arbeiten. Diese waren von den sehr intensiven Downhill-Läufen am Strela- und Scalettapass völlig verspannt. Aber seine kräftigen Massagen und Zaubermassagestäbchen zeigten auch diesmal Wirkung und ich stand auf wie neugeboren. Weekend in Klosters Am Freitagabend gings dann wie an jedem freien Weekend in meine zweite Heimat nach Klosters, wo mir ein Zimmer und ein stressfreies Umfeld zur Verfügung steht. Hier kann ich immer wieder abschalten, frei von jeglichen Arbeiten und von Stress. Am Samstag stand dann ein stündiger Bergdauerlauf am morgen und am späten Nachmittag dann noch ein Berg-Long-Jogg (zwei Stunden) auf den Älpeltispitz 2680müM auf dem Programm. Total absolvierte ich dabei 2000 Meter Höhendifferenz. Am Sonntag war dann Wander-Training angesagt. Bereits um 3:30 Uhr Frühstück und um 4 Uhr Abfahrt mit dem Auto. Auch das gehört zur Vorbereitung für eine Marathon-WM, da ich auch dort früh in der Nacht aufstehen werden muss, dazu in einem späteren Bericht mehr Details. Es ging ins Mesocco (Misox) nach Cama. Kurz vor sechs begann der Wanderaufstieg ins Valle Cama. Von 360müM gings rassig über einen alten Treppenweg (fast wie die Katzenleiter im Südtirol) hinauf auf 1000 Meter. Nach zwei Stunden erreichten wir den Camasee auf 1260 müM. Kurze Rast und weiter gings. Es folgte ein noch steilerer Aufstieg. Um viertel vor Elf erreichten wir unser Tagesziel, den Lagho de Sambrocca auf knapp 2100 müM. Herrliches Wetter, eine Bombenaussicht, märchenhafte Landschaft und viele schöne Schmetterlinge entschädigten uns für den strapaziösen Aufstieg. Während mein Kollege seine Fliegenfischer-Angel auswarf, nahm ich mein Fangnetz hervor und begab mich auf die Jagd (nur für Insider!!) , welche mit einer schönen Überraschung verbunden war: Südlichster Fund für Erebia flavofasciata in der Schweiz. Weitere Tests angesagt Abends um 6:30 Uhr erreichten wir schliesslich wieder Klosters. Diese Woche sind nun weitere Standortbestimmungstests und viele harte Kilometer angesagt. Der Umfang wird die 110km von letzter Woche klar übertreffen. 4. Juli 2005, noch 20 Tage bis zur WM
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Tagebuch auf dem Weg an die WM Eine WM-Teilnahme ist was ganz besonderes. Im Trainingslager in Davos stellte ich fest, dass doch einige meiner vielen treuen „Fans“ sich für mein grosses Ziel interessieren. So beschloss ich ab sofort auf dem Weg an die WM ein Tagebuch zu schreiben und dieses exklusiv auf run4fun.ch zu veröffentlichen. 2eme Challenge Mondial WMRA Erst zum zweiten Mal in der Geschichte des IAAF wird in diesem Jahr die Langdistanz-Berglauf-Weltmeisterschaft durchgeführt. Zum ersten Mal wird dabei über die Marathondistanz von 42.2 km gelaufen. Die Weltmeisterschaften finden dieses Jahr in den französischen Pyrenäen statt, genauer gesagt in Cauterets, in der nähe von Lourdes. Der Marathon du Vignemale, wie der Lauf offiziell benannt wird, findet am 24. Juli statt. Erste Teilnahme an einer WM Nach meinen guten Gebirgs-Marathon Läufen im vergangenen Jahr, entschied ich mich nun aufs Ganze zu setzen und meinen Bubentraum von einer Teilnahme an einer internationalen Meisterschaft im Nationaldress anzustreben. Im Visier nahm ich dabei die Qualifikation für die Berglaufweltmeisterschaften im September in Neuseeland. Dieses Ziel verfolge nach wie vor. Jedoch stiess ich bei einer Surfstunde im Internet beim Berglauf-Weltverband WMRA auf den Link zur zweiten Langdistanz-Berglauf-WM. Ideales Streckenprofil Nach Studium der Strecke und des Höhenprofils wurde der Plan geändert. Neues Saisonziel 2005: Langdistanz-WM. Die Strecke in Cauterets ist perfekt auf mich zugeschnitten und ist vergleichbar mit dem K42 in Davos. Der Start befindet sich in Cauterets auf 900 m.ü.M. und führt in den nahegelegenen Nationalpark. Dabei gilt es zwei Pässe, den Col du Mulets und den Col d’Arbatille, zu bewältigen, welche beide über 2500 m.ü.M. liegen. Insgesamt sind 2010 Meter an Höhendifferenz zu verkraften, bevor es in einem rasanten Abstieg wieder hinunter nach Cauterets geht. Vier Trainingslager Als Vorbereitung für die WM absolvierte ich insgesamt vier Trainingslager. Bereits im Januar flog ich mit Peter Peter zusammen auf das Insel-Laufparadies Madeira. Bei angenehmen Klima wurden viele Kilometer in den verschiedensten Landschaftstypen absolviert. Danach galt es den jährlichen Militärkurs und einige „dumme“ Verletzungen (Ski-Bob-Unfall, Hüftverletzung beim Frisbeespielen etc) zu überstehen. Danach bekam ich von meinem Trainingsberater Peter Peter prompt ein Verbot für „Polysportives Training“ (ist offenbar für mich viel zu gefährlich). Während rund fünf Wochen konnte ich so keine Kilometer machen. Trotzdem hatte ich jedoch ende Mai bereits über 2000 Kilometer abgespult. Im März ging es nach einem Jahr Pause wieder mal nach Tossa de Mar in Spanien. Dort absolvierte ich ein riesiges Pensum an Lauf- und Velotrainings, bis mehr als 7 Stunden und vier Trainings am Tag! Im April durfte ich einmal mehr als Leiter zusammen mit Walti Jucker eine grosse Schar an Ausdauerfreaks „betreuen“. Auch dort wurden einige Kilometer und Höhenmeter gesammelt. Letzte Woche dann das Lager in Davos. Trainingslager in Davos Die Trainingswoche in Davor war genial. Die vielen, sehr sympathischen Laufgestalten machten diese Trainingswoche unvergleichlich und ich danke wirklich allen von ganzem Herzen für die vielen schönen Stunden. Innerhalb drei Tagen absolvierte ich dabei zwei sehr intensive Alpen-Marathons von Bergün nach Davos. Dabei geriet ich für kurze Zeit ins Übertraining, dies habe ich jedoch bereits wieder ins Lot gebracht. So konnte ich am Samstag in der früh, als die meisten Teilnehmer, mit Ausnahme der Frühaufsteher, die einen Platz auf der Bemer-Matte gebucht hatten (die Bemer-Matte wurde für einige Laufcracks zum ultimativen Kick, wer sie nicht benutze, war nicht im Trend!), noch das letzte Höhentraining auf den Strelapass (2350müM) absolvieren und dabei den 200sten Kilometer innerhalb einer Woche, mit millionen, wenn nicht tausenden Höhenmetern, abspulen. Zu Erholung waren dann zwei Tage nur mit Wanderungen (wirklich im Gehschritt!!) angesagt, im Calanda-Gebiet bei Chur. 28. Juni 2005, noch knapp vier Wochen bis zur WM |